
Es ist eine wunderbare Geschichte, wenn Yunus von den Anfängen seiner Micro Credit Bank Grameen erzählt. Eine Geschichte, die davon handelt, wie jemand in einem Land, in dem Frauen kaum Rechte haben, Frauen Glaubwürdigkeit schenkt indem er Ihnen Microkredite gewährt und beide Seiten am Ende davon profitieren. Auch wenn bei diesen Microkrediten Zinsen von 20% gezahlt werden müssen. Anders
wären die Verwaltungskosten für Kleinstkredite nicht zu finanzieren.
Dennoch gilt Grameen als kleines Finanzwunder. Doch Wunder gibt es selten in der Finanzwelt. Dort sind die Zauberer selten gemeinützig - sonst würde vor jedem AG oder GmbH eines Mikrofinanzinstituts ein kleines g für gemeinnützig stehen oder ein e.V. für Verein. Zumindest nach deutschem Recht könnten so keine Gewinne aus Microkrediten an die Gesellschafter der Institute ausgezahlt werden. Selbstverständlich müssen deshalb dort aber nicht nur Feen und Elfen engagiert sein. Natürlich kann man auch in einer gemeinnützigen AG, GmbH oder Genossenschaft sein "ordentliches" Gehalt "verdienen", aber eben nicht als reiner Finanzinvestor. (Nach Angaben von Yunus gehört die Grameen Bank zu 97% den Kreditnehmern selbst.)
Gutes tun und daran verdienen ist ursprünglich die Basis sozialer Marktwirtschaft. Aktuell wird diese Form des Wirtschaftens als nachhaltiges Wirtschaften bezeichnet (- die wichtige Öko-Komponente fehlte in der Bottom Line der sozialen Marktwirtschaft allerdings noch - ). So zu tun, als ob man Gutes tut und in erster Linie mächtig abkassieren, nennt man heute Greenwashing, früher nannte man das unlauter oder Betrug.
Einige Microkreditinstitute im Ausland erheben Zinssätze von über 100%. Microkreditinstitut ist nicht gleich Micokreditinstitut. Auf die "Philosophie" kommt es an, wie Prof. Yunus meint. Yunus genießt inzwischen als Friedensnobelpreisträger globale Aufmerksamkeit und Anerkennung. Auf seinen Seminaren und Kongressen referieren die Topmanger von Deutsche Bank, BASF und Danone. Öffentlichkeitsarbeit hat der Erfinder des Mikrokreditwesens kaum mehr nötig.
Neues Wirtschaften: keiner kennt die Lösung, Vielfalt heißt der Weg
Weltweit existieren zur Zeit ungefähr 2000 Mikrofinanzinstitute mit ca. 92 Mio. Kreditnehmern. Da gibt es große und kleine Institute und natürlich auch jede Menge schwarze Schafe. Vielfalt ist wichtig, das gilt für Biodiversität wie für die Witschaft und in besonderem Maße für die Finanzwirtschaft - Stichwort to big to fail. Ein noch kleiner, im Entstehen begriffener Markt neuen Wirtschaftens ersteckt sich vom nachhaltigen Wirtschaften über Social Business bis hi zur Geminwohlirtschaft. Dieser neue Wirtschaftsmarkt benötigt viele Akteure, die auch unterschiedliche Ansichten haben, das gemeinsame Ziel aber nicht aus den Augen verlieren. Der eine kooperiert mit den Protagonisten des bestehenden Wirtschaftssystems, andere lehnen das strikt ab. Eine pauschales Urteil sollte man hier nicht fällen. Keiner kennt jetzt die finale Lösung, wie eine gerechtere, nachhaltige Gesellschaft und Wirtschaft der Zukunft aussehen soll.
Kooperation, Koalition oder Kokolores
Amüsant bis hinterfragenswert ist es dennoch, wenn der Deutsche Bank Vorstand Fitschen beim Deutschen Social Business Forum von Prof. Yunus auf dem Podium sitzt zum Thema "What banks can do to better the world". Es ist kein Problem, dass ein Deutsche Bank Vorstand hierzu auf dem Podium Stellung bezieht - im Gegenteil, Diskurs ist wünschenwert-, aber es ist unglaubwürdig, wenn ihm auf dem Podium kein Vertreter einer kritischen Bankenhaltung wie z.B. Mister Dax Dirk Müller oder ein Vertreter der Alternativbanken ( GLS, Umweltbank, Triodos, Ethikbank) gegenübersitzt und Paroli bieten kann.
Nachhaltigkeit bedeutet, dass man nicht nur die großen, grünen Bäume wachsen und gedeihen läßt, sondern auch dafür sorgt, dass noch kleine Bäumchen Licht und Aufmerksamkeit erhalten, um wachsen zu können.
Heute liest man in SPON (Spiegel Online) eine schöne Geschichte von einem österreichischen Unternehmer, der seine Villa verlost hat, um aus dem Erlös ein Mikrofinanzinstitut zu gründen. Karl Rabeder heißt der Alpen-Yunus. Nach eigenen Angaben wohnt er inzwischen in einer 19qm großen Almhütte und versucht mit 1000€ Monat auszukommen. Die Geschichte hört sich genauso wunderbar an, wie die Geschichte von Yunus erstem Kredit. Das Microkreditinstitut des noch kleinen Alpen-Yunus nennt sich MyMicroCredit.org UND ist in der Rechtsform eines gemeinnützigen Vereins (e.V.) organisiert.
Hier geht's zur Webseite von MyMicroCredit.org und hier zum lesenswerten Interview auf Spiegel Online.
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